Partnerschaft mit der Ukraine zur globalen Marktkonfrontation mit Russland?
Seit Beginn des Konflikts zwischen der Ukraine und Russland steht die ukrainische Landwirtschaft verstärkt im Fokus der internationalen Aufmerksamkeit. Aufgrund der zunehmenden Konkurrenz auf globalen Märkten, insbesondere im Bereich Getreide, Zucker und Geflügel, fragen sich viele, wie die Ukraine und die EU zusammenarbeiten könnten, um gemeinsam gegen die russische Wettbewerbsdominanz vorzugehen.
Die Stärke der ukrainischen Landwirtschaft
Jean-Jacques Hervé, ehemaliger Präsident der französischen Akademie für Landwirtschaft und Berater der ukrainischen Regierung, betont die Leistungsfähigkeit der ukrainischen Landwirtschaft. Die Ukraine verfügt über fruchtbare Böden und große Landflächen, die eine hohe Produktivität ermöglichen. Die Schwarzmeerregion, zu der die Ukraine gehört, spielt eine bedeutende Rolle auf dem globalen Getreidemarkt.
Historischer Hintergrund: Landwirtschaft nach der Sowjetunion
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahr 1991 durchlief die Landwirtschaft in den ehemaligen Staaten eine rasche Privatisierung. Dies reichte jedoch nicht aus, um die Produktion wiederzubeleben, und viele Ex-Sowjetrepubliken gerieten in eine tiefe Krise. Die Modernisierung der Landwirtschaft erfolgte überwiegend durch einheimische Unternehmer, die sich auf die Kontrolle und den Ausbau der Getreideproduktion spezialisierten. Dies stärkte die Region als führenden Akteur im weltweiten Getreidehandel.
Wettbewerbsvorteile in der Landwirtschaft
Ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil der ukrainischen und russischen Landwirtschaft liegt in den niedrigeren Produktionskosten. Im Gegensatz zu Westeuropa ermöglichen die fruchtbaren Böden des Ostens einen geringeren Einsatz von Düngemitteln. Zudem sind die landwirtschaftlichen Nutzflächen in der Ukraine größer und die Maschinen werden länger genutzt, was die Kapitalbindung reduziert. Dies führt zu deutlich niedrigeren Kosten pro produzierte Tonne Getreide.
Auswirkungen des Konflikts auf den Getreidemarkt
Seit der russischen Invasion im Februar 2022 hat sich der Wettbewerb auf dem Getreidemarkt zwischen der Ukraine und Russland intensiviert. Trotz der Wiedereröffnung ukrainischer Exportwege über das Schwarze Meer kämpfen ukrainische Produzenten mit hohen Logistikkosten, während Russland seine Rekordexporte nutzt, um seine internationale Einflussnahme zu verstärken – insbesondere in Afrika, wo es günstige Preise bietet.
Strategische Zusammenarbeit zwischen EU und Ukraine
Jean-Jacques Hervé schlägt vor, dass EU und Ukraine ihre Kräfte bündeln sollten, um der russischen Marktmacht entgegenzuwirken. Anstatt die Ukraine als Konkurrenten zu betrachten, könnte eine strategische Kooperation in der Landwirtschaft beiderseits Vorteile bringen. Eine gemeinsame Exportstrategie, die die Stärken beider Regionen – qualitativ hochwertiges Getreide aus der Schwarzmeerregion und die Handelszuverlässigkeit Europas – kombiniert, könnte auf dem Weltmarkt konkurrenzfähiger sein.
Empfehlung für eine gemeinsame Exportunternehmen
Hervé empfiehlt die Schaffung einer gemeinsamen Exportangebot, das auf einer fairen Margenverteilung basiert. Dies würde sicherstellen, dass beide Regionen zu wettbewerbsfähigen Preisen auf den Markt kommen könnten, ohne die Landwirte der EU zu gefährden. Eine solche Kooperation könnte nicht nur die Konkurrenz aus Russland ausgleichen, sondern auch die landwirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Ukraine und Europa stärken.
Fazit: Die Chance zur Partnerschaft nutzen
Die zukünftige Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und der EU sollte über eine bloße EU-Mitgliedschaft hinausgehen und strategische Partnerschaften in der Landwirtschaft umfassen. Durch gemeinsames Handeln könnten beide Regionen nicht nur ihre Marktposition stärken, sondern auch die ländliche Entwicklung fördern und die jüngeren Generationen unterstützen.
Möchten Sie über weitere Entwicklungen auf dem globalen Agrarmarkt auf dem Laufenden bleiben? Abonnieren Sie unseren Newsletter und diskutieren Sie mit uns in den Kommentaren!